Datum: 30. Oktober 2017
Teilnehmer: Mirian, Norbert
Strecke: Monterosi - Campagnano di Roma - Santuario Madonna del Sorbo - Formello
Distanz:26 km
Heute sind wir etwas früher losgekommen, da noch einiges zu schaffen ist, bis wir in Rom sind. Ich hatte ein sehr schlechtes Gefühl, was den heutigen Weg betraf, da er laut der Wegführung in der Karte nur an einer Hauptverkehrsstraße vorbeiführte, wurde aber positiv überrascht.
Kirche in Montorosi
Gegenüber diese Kirche auf der Hauptstraße haben wir bei Alessandro übernachtet.
Die Via Francigena ist noch sehr schwer zu planen, da es zur Hauptroute sehr viele Alternativstrecken gibt und selbst die Hauptstrecke an vielen Stellen regelmäßig geändert. Das Ganze ist aber deutlich positiv zu bewerten, da der Erstentwurf der Via Francigena zu häufig an vielbefahrenen Straßen vorbeiführte und die Wegführung immer besser wird. Die Ansprüche eines Pilgers reduzieren sich nicht nur darauf schnell ans Ziel zu kommen und möglichst viele Kirchen zu sehen. Viel wichtiger ist es vielen die Wege und die Natur zu genießen und in einem entspannten Umfeld die Möglichkeit zu haben, mit der Welt und sich in Einklang zu kommen.
Die Via Francigena erfüllt immer mehr die Anforderungen an diese Wünsche. Ich denke, dass viele der Fotos, die in diesem Blog zu betrachten sind dies auch wiedergeben.
Wichtig ist, dass man sich wirklich aktuelles Kartenmaterial bzw. aktuelle GPX-Routen besorgt.
Haselnussfelder...
...soweit das Auge reicht.
Die heute Route war jedenfalls entgegen unseren Befürchtungen klasse. Unseren Karten nach, wie gesagt waren sie ca. 5 Jahre alt, führte er fast die gesamte Strecke entlang einer Hauptverkehrsstraße. Zum Glück habe die Entwickler des Weges ihn in den letzten Jahr verändert. Es ging über eine Feldweg, vorbei an vielen Haselnussplantagen und schönen Häusern zum Naherholungsgebiet Monte Gelato. Im Tal dieser waldreichen Region trifft man auf eine alte Mühle mit kaskadierenden Wasserfällen. Im Sommer wohl sehr überlaufen, hatte wir sie Ende Oktober fast alleine für uns.
Wasserfall und Mühle bei Monte Gelato
Ein wenig nervig auf der heutigen Strecke nach Formello waren die kleffenden Hunde. Zum Glück alle eingezäunt. Auf den meisten Grundstücken liefen viele Hunde rum und bellten und jaulten ohne Unterlass. Für mich nicht nachvollziehbar, wie man für sicherlich viel Geld ein schickes Landhaus vor den Toren von Rom baut um dem Stress der Großstadt zu entkommen und sich dann dem aggressiven Dauergebell von vielen, vielen Hunden auszusetzen.
Campagnano de Roma
In Campagnano di Roma hatten wir so gegen 14:00 eine Mahlzeit zu uns genommen. Das Essen im Restaurante da Righetto war recht einfach und nicht so frisch wie erhofft. Spannend in diesem Restaurant war der Kontakt mit zwei Australiern, die ebenfalls den Via Francigena pilgerten. Sie hatten heute bereits 25 km hinter sich uns wirkten noch recht frisch. Ihr Alter schätzten wir auf 65-75. Unglaublich, dass Menschen um die halbe Welt reisen um diesen Weg gehen zu können. Noch unglaublicher, zu welches körperlichen Leistungen Menschen noch in diesem hohen Alter fähig sind. Ich hatte gelesen, dass ein trainierter 60-jähriger Mensch im Ausdauersport leistungsfähiger ist, als ein durchschnittlich 20-jähriger. Als Beweis, diente mir ein Betriebsausflug, den wir vor einigen Jahren bei uns im Bergischen Land gemacht hatten. Eine kurze Etappe von ca. 8 km im leicht hügeligen Gelände zum Restaurant. Unsere weiblichen Azubis, hatten wirklich Problem die Strecke zu laufen und erreichten das Ziel ziemlich erschöpft ...
Santuario Madonna del Sorbo
Im Anschluss an das Mittagessen entschieden wir uns eine Alternativstrecke zum Hauptweg zu laufen. Der führte in Campagnano di Roma am Friedhof vorbei Richtung Süden. Ich fand den Weg, der als "grüne" Alternative ausgewiesen wurde nicht wirklich toll, aber OK. Vielfach auf wenig befahrener Straße. Richtig Probleme hatten wir kurz vor dem Santuario Madonna del Sorbo. Dort führte der Weg in Sichtweite zum Kloster recht steil in Tal hinein und verlief sich dort. Grund war ein heftiger Sturm/Orkan der einen Großteil der Bäume entwurzelt und die Wegstrecke zur Unkenntlichkeit zerstört hatte. Wir liefen mehr order weniger Querfeldein in das Tal hinunter und überquerten den kleinen Fluss in der Sohle. Aber auch am anderen Ufer war nicht richtig ein Weg zu erkennen. So stiegen wir das recht steile Tal an der anderen Seite hinauf, immer in der Hoffnung eine Wegführung gefunden zu haben. Oben auf einem Felsplateau entdeckten wir dann, nachdem wir einige schwere Baumstämme über- oder unterkletterten so langsam einen Weg, der sich an der gegenüberliegenden Talseite des Klosters Richtung Süden entlang schlängelte und wo wir dann bald auch unsere gewohnten Wanderzeichen wieder fanden. Das Ganze war nicht einfach und auch nicht ungefährlich. Im Nachhinein habe ich in Googlemaps gesehen, dass wir wahrscheinlich besser den kleinen Fluss nicht überquert hätten und stattdessen den Hang seitwärts nach rechts in nRichtung Kloster gelaufen wären. Zumindest lässt sich dort auf der Panoramadarstellung von Googlemaps ein Weg erahnen, der dann auch direkt zum Kloster führt.
Nichtsdestotrotz hatten wir unser kleines Abenteuer gehabt und genossen anschließend die Abendstimmung im wirklich schönen Tal Val del Sorbo im Parco del Sorbo. Diese Gegend ist wirklich schön und ich hätte diesen wilden und urigen Naturpark hier vor den Toren von Rom nicht erwartet.
Sie schönste Zeit beim Wandern ist immer die Morgen- und Abendstimmung. Die Landschaft wird in warme Pastelltönen gezeichnet und berührt einen dann sehr besonders.
Leider haben wir die Morgenstimmung selten erlebt, da Langschläfer...
;-)))
"Formello il bello"
Am frühen Abend erreichten wir Formello, eine wirklich schöne kleine Stadt vor den Toren von Rom. Die optimale letzte Übernachtung vor dem Petersplatz in Rom, wenn man denn bereit ist, am nächsten Tag die 34 km bis Rom in einem Stück zu laufen.
Ganz besonders in Formello ist die tolle Pilgerherberge mit der typischen Atmosphäre des Jakobsweg in Spanien. Im wunderschön restaurierten Castello von Formello untergebracht kann man hier für 15€ im 10-Bett Schlafraum sehr gut übernachten und sich von Furio über den weiteren Weg, die Geschichte der Stadt und den Etruskern im Besonderen unterrichten lassen. Furio ist so unglaublich liebenswert und engagiert. Dir Furio, nochmals besten Dank für die liebevolle Beherbergung und die tollen Tipps. Furio hat mit diversen Restaurants Pilgerrabatte vereinbart. Das Frühstück kann man in einem der nahegelegenen Cafes, mit einem Gutschein der Herberge zu sich nehmen.
In der Herberge haben wir ein weiteres Pilger-Paar kennengelernt, mit den denen wir im Restaurante Cantina zu Abend essen waren. Daniel und Columbine (oder so ähnlich) aus Straßbourg. Daniel hat deutsche Wurzeln und mit seinen Großeltern viel deutsch gesprochen. Es war für uns ein sehr spannender Abend mit zwei sehr spannenden Menschen. Daniel aus dem Management kommend, ist heute mehr im universitären Umfeld und der Unterstützung von jungen Start-Up Unternehmen tätig. (Entrepreneur), Columbine ist Lehrerin.
Wir hatten sehr viele gemeinsame Themen und unsere Unterhaltung hat sich sicher in einigen Punkten überschlagen und war sehr kurzweilig. Leider war Columbine ein wenig außen vor, da wir uns auf die Sprache Deutsch geeinigt hatten und es für sie doch schwer war, der Konversation in der Geschwindigkeit zu folgen. Sorry nochmals dafür...
Besonders inspirierend war die Pilgerreise der beiden in Japan. Ich hatte davon noch nie gehört. Sie sind jedenfalls den Shikoku-Pilgerweg gepilgert. Der Weg hat eine Länge von ca. 1.200 km, führt über die gleichnamige Insel (Shikoku) und verbindet dort die 88 wichtigsten buddhistischen Tempel. Fragen nach, wie kommuniziert man in einer fremden Welt, deren Sprache man nicht versteht und deren Schrift man nicht lesen kann, drängten sich natürlich auf. Wie liest man Schilder, wie bucht man ein Hotel...
Sehr spannend auch die Berichte über die rituellen Waschungen und Bäder die nach der Wanderung und vor dem Abendessen von allen Pilgern durchgeführt werden.
Einfach perfekt diese beiden Menschen am letzten Abend unseres Projektes kennenzulernen und damit gleich den Ausblick auf das wahrscheinlich nächste Projekt zu bekommen.
Das kann kein Zufall gewesen sein. Ich bin wenig religiös oder spirituell, aber wenn es eine göttliche Weisung geben sollte, so war dies eine, genau diesen Weg zu gehen...